244
gegen N geschützt, gegen S geöffnet, sind klimatisch besonders begünstigt. Im
Hochapennin bleibt der Schnee bisweilen das ganze Jahr liegen. Die kalten
Nordwinde; der Scirocco. Der tiefblaue Himmel, die Fiebernebel im Sommer,
die malaria in der Campagna di Roma, die aria cattiva in den Marem-
nen und den Pontin. Sümpfen, an deren Austrocknung man seit Jahrhunderten
arbeitet.
§. 402. A. Die Grundmacht. Ii. Bewohner.
1) Einwohnerzahl: Königr. Italien 22 Mill.; Kirchenstaat. 700000,
San Marino 8000 E.; am dichtesten im Pothale (6500), am dünnsten auf der I.
Sardinien (1300).
2) Die Italiener sind ein Mischvolk aus Ureiuw. und Eingewanderten
(§. 403); im N überwiegt die celtisch-germanische, im 8 die griechisch-arab.
Beimischung. Die Schicksale des Volks haben auf seinen Charakter ungünstig
eingewirkt. Der Italiener ist leidenschaftlich, rachsüchtig, durch langen Despo-
tismus zur Tücke gewöhnt, betrügerisch gegen Fremde, träge (d. äoles far
niente) und schmutzig (Banditenwesen), aber voll Geist, Phantasie und Poesie
(Improvisatoren); Volkslustbarkeiten sind beliebt (Carneval, Tombola). Der
Süditaliener lebt mehr auf der Straße als im Hause; malerische, Lunte
Nationaltrachten; Maccaroni und Pollenta sind Nationalgerichte. — Die
Italien. Sprache, melodiös und sangbar wie wenig andre, ist aus der lingna
rustiea romaua entstanden und zerfällt in viele Dialekte, von denen sich der
toscanische zur Schriftsprache erhoben hat. — 7000 Deutsche wohnen am
M. Rosa, in den setts eornuni b. Vicenza (und in 13 Gemeinden b. Verona),
o. 80000 Albanesen im 80; 34000 Juden.
3) Die katholische Kirche ist durchgängig herrschend; ihr Kultus ist ein
die Sinne ergreifendes Schauspiel, kein großes Kirchenfest ohne Procession,
Illumination und Feuerwerk; die Kirchenmusik ganz weltlich, der Heiligendienst
birgt viele heidnische Reminiscenzen; äußere Werkheiligkeit vertritt die Stelle
innigen Glaubens. Die Geistlichkeit ist reich, ein großer Theil aber unwissend
und sittenlos. Das Pabstthum. Die neuesten Umwälzungen haben im K.
Italien den andern Bekenntnissen Toleranz verschafft. 27000 Waldenser in den
Thälern von Piemont.
§. 403. Geschichtliche Gestaltung.
Tief gegen Ist in den Continent eindringend, das mittelste und schmälste
der Mittelmeerglieder Europas, war Italien ebenso geeignet von auswärts
seine Bevölkerung zu empfangen als nach Erstarkung des heimischen Volks-
ihums die Herrschaft über die ganzen Mittelmeerküsten zu üben. Dem entspre-
chend siedelten sich im dl iberische Ligurer, Etrusker und Gallier, im 8 Phöni-
zier, Karthager und Griechen an, ehe vom Tiberthal aus der lateinische
Stamm (die Römer) seine Herrschaft über die Halbinsel ausbreitete und sie
zum Mittelpunkt des röm. Weltreichs machte, das 476 dem Andrang der Ger-
manen erlag. Während des ganzen Mittelalters gelangte Italien zu keiner
einheitlichen Gestaltung, die einzige nationale Macht war noch das Pabstthum
(den aus Pipins Belehnung erwachsenen Kirchenstaat vergrößerten Cäsar
Borgia's und P. Julius' Ii. Eroberungen zu seiner spätern Gestalt), das
übrige fiel, meist durch die Schuld innerer Zwietracht, entweder in Abhängig-
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T33: [Stadt Meer Italien Neapel Hauptstadt Rom Insel Genua Spanien Land], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie]]
400
Viertes Buch.
13. Fürstth. Waldeck. Das bis zu Anfang des
18ten Jhdts. gräfliche Fürstengeschlccht stammt von den Gra-
fen v. Schwalenberg ab und zählt unter seinen Söhnen
viele tüchtige Feldherren. Fürst Georg Victor. Sein Land
hat auf 2 t m M. 60,000 meist evangel. E. und liegt in 2
Theilen etwa 10 M. aus einander.
a) In dem südlichen größeren 19/20, dem eigentlichen Fürsten-
thum Waldeck, §. 91., 2. Anmerk, (im alten oberrheinischen
Kreise), liegt die Residenz Arolsen, 3000 E. Geburtsort der be-
rühmten Künstler Rauch und Kaulbach.
b) In der Gra fschaft Pyrmont, an einem Nebenflüßchen
der Weser gelegen, ist unter den vorzüglichsten deutschen Badern
zu nennen, obgleich der Besuch gegen früher etwas abgenommen
hat, 7000 E. Bon dem Trinkbrunnen wird auch viel versendet.
Die Hauptallee, aus 4 Reihen von Linden bestehend, ist der Sam-
melplatz der Kurgäste. In der Nähe eine Dunst- oder Schwefel-
hohle, eine neapolitanische Hundsgrotte im Kleinen (S. 216.)
§. 101.
Norddeutsche Staaten.
1. Die Anhaltischen Herzogthümer, im alten
Obersächsischen Kreise. Das alte Stammschloß Anhalt
liegt im Selkethale (S. 340.); als Stammvater des Ge-
schlechtes nimmt man Esiko v. Ballenstadt an. Al-
brecht d. Bär ls. 362.) war sein Urenkel. Seine Nach-
kommen besaßen um das Jahr 1300 zwei Kurhüte: Bran-
denburg (S. 332.) und Sachsen. Als aber die beiden
Kurlinien erloschen, konnte der in den Stammländern regie-
rende Zweig seine Ansprüche nicht durchsetzen, nicht einmal
als das Haus Sachsen - Lauenburg (ein Nebenast der
anhaltisch-sächsischen Linie) 1689 erlosch. Er hatte sich im
Laufe der Zeit wieder in mehrere Linien zertheilt: in der
Mitte des vorigen Jhdts. bestanden 4: Zerbst (aus ihr die
russische Kaiserin Katharina Ii. fs. 303.]), Bern bürg,
Cörhen, Dessau. Fürst Leopold von Dessau, ge-
wöhnlich nur „der alte Dessauer" genannt, war einer der
preußischen Kriegshelden bis in die schlesischen Kriege „des
alten Fritz", ein derber, seltsamer, alter Herr, Soldat von
der Zehe bis zum Schu'tel. (Der Dessauer Marsch. Im
„Dessauer" in Halle hat der Fürst als Regiments'com-
mandeur gewohnt.) In Allem setzte er seinen Kopf auf.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Georg_Victor Anmerk Katharina_Ii Leopold_von_Dessau Leopold
266
den ihrer Seelen zu heilen, ihre Sünden zu
büßen, wohin seit Petrus Eremita bewaffnete
Schaaren zur Rettung und Erhaltung des hei-
ligen Grabes strömten, zahllos wie der Sand
am Meere, ist kaum zu berechnen; sie spricht
aus allen Erzeugnissen dieser Zeit in einer wun-
derbaren, dem kaireu, glaubenlosen Herzen un-
verständlichen Sprache. Dabei darf man in-
dessen nicht glauben, es sei diese Zeit schwär-
merischer Frömmigkeit auch die der Sündenlo-
srgkeit gewesen. Das menschliche Herz zeigt sich
in der Geschichte als ein sophistisches Ding, das
den Genuß der Erde gewöhnlich sehr gut mit
der Vorbereitung auf den Himmel zu vereinigen
weiß. Feste Tugend ist überdieß selten mit leb-
hafter Aufregung der Phantasie gepaart.
Der Volksgeist trieb ein lustiges Leben;
Spielleute und Gaukler zogen in den Gauen
Teutschiauds umher, alljährlich kamen neue Lie-
der auf, die man fang und pfiff, die Laiftn
(Bußgefängc) waren nach heitern Weisen ge-
dichtet und die Klöster nicht selten die Tempel
der Lust und Liebe. Alle Künste wurden angc-
daut, vornehmlich aber ging die Dichtkunst ei-
ner schönen Blürhe entgegen, zuerst ihre Kräfte
im Conterfeieu französischer und italiänischer Ori-
ginale übend. Merkwürdig ist, daß fast alle
Schriften in gedichtlichcr Form erschienen, die
nran für wesentlich und nothwendig hielt: wie
denn ein Geistlicher, der über die sechs Namen
des Leichnams Jesu geschrieben hat, in der ge-
reimten Vorrede um Nachsicht bittet, daß das
Buch nicht in Versen abgefaßt sei. — Man
kann die Gedichte, die aus dieser Periode stam-
men, in (epische) Rittergesänge und (ly-
rische) Minnelieder unterscheiden. Von je-
nen sind die qusgezeichnc.stcn der Tristan,
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
213
schlagen, und mit ihm um das Pferd furniert,
er selbst auch auf die Schranken gesetzt werden,
'Mit Verlust seines adeiichen Namens, Schildes
»ns Helms. Geschlossen waren also durch den
-Schimpf, der dort seiner harrte, die Schranken
ldts Turniers für jeden, der seinen adeiichen
La men durch Sitteniosigkeit und Friedensbruch
lb-efleckr harre. Versagt war ihm, Proben seiner
geübten Kraft und seiner Tapferkeit vor der
staunenden Menge abmlegen, sich den Beifall
t>c:r ruhmbcladencn Heiden, die Bewunderung
de:r holdseligen Frauen zu verdienen, die des
Festes Feier aus fernen Landen zusammcnfübrte»
Er durfre sich in die Kreise und Reihen der Ze-
cher und Tänzer, die sich nach der Arbeit des
Krampfes gestalteten, nicht mischen, er war ver-
achtet von der Kaste. — Wenn man nun den
d amaligen Adel und seinen herrschenden Geist,
seine hohe Bestimmung und die verkehrte Rich-
tung seines Srrebens wohl im Auge behalt; so
tum man nur das Glück oder die Klugheit he-
tz wundern, mit der Heinrich das geeignete Mittel
hervorhob, indem er für einen Stand, den er
init Gewalt nicht ziehen und züchtigen konnte,
ei in großes Sitrengericht in seinen Vergnügun-
gen schuf. — Es hatte durch diese Anstalt 'Au-
sserordentliches geleistet, sie hakten das fürteutsch-
! ?. nd werden können, was die olympischen Spie-
le für Griechenland waren. Daß sie das nicht
ivurdc, davon liegt der Grund darinn, daß
.Heinrichs Nachfolger nicht in seinem Geiste fort-
wirkren, daß oft 40 Jahre verflossen, ehe wte-
lder ein Turnier gehalten wurde. Das Verdienst
ihres Stifters, was Heinrich für Teutschland
Ist, bleibt indessen darum nicht minder groß.
In der Kriegs Verfassung war, wie
wir bereits gesehen haben, nach und nach eine
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind]]
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Extrahierte Personennamen: Schildes
»ns_Helms Heinrich Heinrich Heinrich_für Heinrich
501
schen, daß wir in einer schwierigen Zeit zum Le-
den berufen seien, und wir können uns keines-
wegs verhehlen, daß in unfern Tagen, wo erst
kürzlich beispiellose Bewegungen im Völkerleben
uralte Thronen zum Wanken gebracht, den Bau
gewaltiger Staaten erschüttert und alle Leiden-
schaften der Menschenbrusi aufgeregt haben.- die
Verhältnisse des Lebens nicht ohne Verworren-
heit sind. Allein, wenn auch von der Stelle
aus, die uns im Leben angewiesen ist, betrach-
tet, das Gewühl um uns her und die Ungewit-
rer, die über ven Horizont des Völkerlebens
ziehen, etwas Beängstigendes haben; so ver-
schwindet dieses, von dem erhabeiren Standpunkt
der Geschichte aus angesehen. Ohnehin ist tu
der Gegenwart so Vieles heiterer geworden.
Was vorerst die Klage anlangt, daß in un-
serer Zeit der Kampf verschiedener Parteien die
Völker spalte und die Gemüther erbittere: so
läßt sich dicß einestheils am wenigsten von Teutsch-
land behaupten, wo gewöhnlich ein Schwindel
der Köpfe eben so leicht vorübergeht, als er er-
regt wird, und wo der gesunde Sinn des Vol-
kes seltener von dem Wege der Wahrheit ab-
schweift ; anderntheils gehört dieser Kampf zum
Leben. welches sich eben dadurch von dem Tode
unterscheidet, daß Widerstreit der Kräfte in ihm
ist und Mannigfaltigkeit und Bewegung. Woll-
ten wir glauben, daß das Ende des Streites
der Ansichten zu erleben sei; so würden wir um
nichts gcscheider sein als jener horazische Bauer,
der an einem Strome anlangend, abzuwarren
gedachte, daß das Gewässer abgelaufen wäre,
indeß zu seinem Kummer sich aus ew'gen Quel-
len ewig neue Wogen Huben. - ' .
Wichtiger möchte die Beschwerde sein, daß
der Verkehr in unsem Tagen gehemmt ist, der
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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502
ln feiner ganzen Ausdehnung schildern, so hat^
len wir die Geschichte der Welt wahrend der
ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts zu
schreiben; denn wahrend dieser Zeit ist nicht leicht
em bedeutendes Drama auf dem Schauplatz der
Weit aulgeführt worden, bei welchem er nicht
eine Rolle.übernommen gehabt harte« Iudeß
verwegene Abenteueter für ihn die reichen Fla-
chen Mexiko'^ eroberten und in Peru den Thron
der Iuka's stürzten, um den seiuigen zu errich-
ten, rang .? mit feinem großen Nebenbuhler
Frau; I. uni die Krone der römischen Kaiser,
um die Herrschaft der Welt, um den Ruhm,
ließ sich als Verfechter der römischen Priester-
h-rrschaft gegen die Verkündiger und Vertheidi-
ger der neuen Lehren gebrauchen und stellte sich
als Schirmherr der Christenheit dem gewaltigen
Sultan Soli mann ll. und dessen furchtbaren
Vasallen mit dem Schwerte entgegen. -
Auf dem ersten Reichstag, den er (tm I.
1521) zu Worms hielt, kam vornehmlich auch
die Sache Luthers in Berathung, die unterwei-
len von einem Gelehrtenstreit bereits zu einer
Angelegenheit des Volkes geworden war, und
inner allen Stauden, besonders aber unter dem
Adel, zahlreiche Anhänger gewonnen hatte. Ob
auch daselbst der päpstliche Nuntius Al ea über
in einer dreistündigen Rede aus Luther's eigenen
Schriften dessen Ketzeret dargethau zu haben ver-
meinte; so ging doch, auf Dortrag Friedrich's
des Weifen, das Urtheil der Fürsten dahin,
daß man vor einer Beschlußnahme den. kühnen
Neuerer erst selbst hören müsse, und dieser ward
Unter Zusicherung sicheren Geleites nach Worms
beschieden- wohin ihn die Blicke des teutscheu
Volkes mit der gespanntesten Erwartung beglei-
teten. Die Seele des großen Mannes hatte
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution]]
Iii. Lehnsherrschaft u. Normämier; Türken. 285
cher Sohn Arnulf zum König der Tcutlchen gewählt und
mit dessen S-> L u d w i g d. Kinde £900 — 911] starb die teut-
sche Linie der Carolinger aus. Teutfchland wurde nun ein
Wahlreich, in welchem die Reichsstände ihr Ansehn geltend
machten. Der frank. H. K. Conrad I sy 11 — 9163 kämpf-
te gegen Sachsen, Baiern und Schwaben. Der sächsische
H. K. Heinrich I sft. 2 Jul. 936] sicherte das königliche An-
se hn gegen Schwaben und Barern, stellte die Abhängigkeit
Lotharingens ^923 fü.l wieder her, traf durch Marken und
festt Platze zweckmäßige Vertheidigungsanstalten gegen Sla-
ven und Ungern, besiegte die lezteren bey Merseburg [933],
griff die Normanner auf"ihren Gränzen an und machte sich
um Teutschland's Kriegswesen und städtische Verfassung viel- .
fach verdient. -Die t.königskrone blieb lange sbis 1224} bey
seiner Familie. Otto! sft. 9733 befreite Teutfchland von
den verheerenden Einfallen der Ungern durch ihre Niederlage
am Lech sd. 10 Aug. 955], überwand und christianisiere wen-
dische Völkerstämme, beschränkte die Anmaaßungen der Gro-
ßen, besonders in Franken und Baiern, führte ein im Fort-
gange immer steiferes Hof - Amlsverhaltniß zwischen dem
Oberhaupte und den Fürsten des Reichs ein und gab durch
die Annahme der italiänischen Krone [9613 und der Kaisec-
würde [962] zu den für Teutschland's politische Ruhe und
für das auf gediegene innere Kraft und Einheit sich stützende
königliche Ansehn gleich verderblichen Römerzügen Veran-
lassung, welche unter seinen Nachfolgern, dem kühnen Ot-
to Ii sst. d. 7 Dec. 98z, im 29 J3 , dem frömmelnden Ot- ^
to Iii sst. d. 22 Jan. 1002, im 22 I3 und dem vom Klerus jjl
beherrschten Urenkel Heinrich's I, Heinrich Ii sst. 1024]
die Kräfte des Staates verschlangen. Auch unter den frän-
kischen Kaisern s 1024— 1125] dauerte die Verbindung
Teutschland's und Jtalien's fort. C 0 n r a d Ii sst. d. 4 Inn.
1239] demüthigte Polen und Menden, regelte das ital.lchns-
wesen durch ein Grundgesetz sd. 28 May 1037], suchte durch
Hemmung der Fehden und durch Einführung des Gottesfrie-
dens die öffentliche Ruhe wieder herzustcllen und erweiterte
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T67: [Kaiser Türke König Jahr Ungarn Heer Land Friedrich Kreuzzug Jerusalem]]
TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T132: [König Karl Italien Otto Kaiser Papst Reich Sohn Rom Jahr], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T92: [Vgl Aufl fig Vergl Sch. Liv Sept Aug Iii Geb]]
Extrahierte Personennamen: H._K._Conrad_I_sy Heinrich Otto Heinrich_Ii Heinrich
V. Annäherung d. curop. Staaten z. polit.system. 333
welche [1450] an Franzsforza überging; der unmün-
/dige S. Galeazzo Marias serm. 1476^, Job. Ga-
lt azzo, Eidam des neap. K. Al phons, verlohr durchs.
Oheim Ludwig Moro [1494] Regierung und Leben. Zu
seinem Schutz rief der Machträuber den franz. Hof gegen
Neapel auf und büßte zu spat für s. Treulosigkeit [1499 u.
1500]. — Neapel verwilderte wahrend der Unruhen
ss. 1343] in der regierenden Familie; nur des Adels Ueber-
muth konnte dabey gewinnen. Car! Iii ßi'382 — 1386]
brachte Ungern's Krone an s. Haus; s. S. U la d isl aus sst.
1414] war mächtig; die Schwester desselben Johanne
Cft. 1435] adoptiere [1425] A lp hons V v. Aragon, der
sich auch gegen Renatus v. Anjou (dessen Ansprüche
Carl Viii v. Frankreich 1494 f!l. gertend machte) behaup-
tete und den Thron [1458] s. nat. S. Ferdinand übec-
lies. Schnell folgten Ai Phons Ii u. Ferdinand Ii;
und dessen Oheim Friedrich mußte sizo^ der französisch-
spanischen Ucbermacht den Staat überlassen. — Der päbst-
liche Hof arbeitete eben so ränkevoll und selbstsüchtig an Ver-
größerung seines Gebietes als folgerecht-beharrlich gegen
Ansiedelung fremder Herrschaft in s. Umgebung. — Flo-
renz, reich und hochgebildet, lange wetteifernd mit Pisa
und anderen gibellimschen Städten, gab sich C 1343 D eine
demokratische Verfassung, in welcher Johann de' M e d i c i
[1400] die Oberhand gewann; unter s. Nachfolgern glän-
zen Cosmus I (1428 — 1464] und noch mehr Lorenzo
[1472 — 1492 ], der S. Peter's sst. 1472 ], als Pfleger
des Kunftgeschmacks und der Littcratur. Peter Ii, durch
Begünstigung der Franzosen die Unterdrückung Jtalien's för-
dernd, wurde {[ 14943 verwiesen und Florenz fiel sbisiziz^
in zerrüttende Anarchie, während welcher Geronymo
Savonarola sst. 1498j als Demagog hervortritt. —
Lucca erlangte ^1370^ Freyheik, nachdem lange [f. 1327]
Handel mit s. Besitze getrieben worden war. — Genua
unter einem Doge ss. 1389] stand auswärtigem, besonders
französischem Einflüsse offen. — Die Republik Venedig
TM Hauptwörter (50): [T31: [König Ludwig Karl Sohn Maria Frankreich Kaiser Tod England Philipp], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
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Extrahierte Personennamen: Marias Ludwig_Moro Ludwig Johanne
Cft Renatus_v Carl_Viii Ferdinand Ferdinand_Ii Ferdinand Friedrich Friedrich Johann_de' Johann Peter_Ii Geronymo
Savonarola
117
derten, ward Spot und Frevel mit ihnen getriben; aus
den Abendmalskelchen besof man sich in Brantwein; in
den Patenen trug man Heringe dazu auf — Leute aus
dem Pöbel zogen die Priestergewänder an, und ritten auf
Eseln in Hanswurstweife durch die Straßen, hielten vor
den Schnapsläden, und ließen sich den Abendmalskelch
füllen. In Paris fand sich so einmal eine ganze Processi'on
solcher frevler Hanswurste zusammen; an den Halftern
fürten sie neben sich andere Esel, die mit Crucisi'ren und
dergleichen heiligen Geräten beladen waren. So in einem
Narrenaufzuge brachte man den Rest des Pariser Kirchen-
si'lbers, trunken und halbtrunken nach dem Convente, nach
diesem ehrwürdigen Rate der neuen Republik, und hielt
hier in Knittelversen Narrenreden vor den Repräsentanten
der großen Nation, die, seit sie existirt, an der Spitze
der menschlichen Civilisation gestanden hat!
Danton, als er diese Pöbelhaftigkeit immer weiter
Hereinbrechen sah, hatte> nun eine Ahnung davon, wo alle
das, was er Großes pathetisch verlangt hatte für die Re-
publik Frankreich, eigentlich in Hafen laufen werde — er
ahnete, welchem Geschlechte er seine Ehre und seinen guten
Namen zum Opfer gebracht hatte — die Sündengeneration,
die er hervorgerufen, sieng an, ihn selbst anzuekeln; er
bekam einen Schauder vor den Kindern, die sein Geist mit
der Chimära' erzeugt hatte. Da saß er nun finster und
finstrer und schaute eine Weile zu. Plözlich erhob er sich
— noch dachte er dem Seandal zu steuern — aber stat zu
gehorchen, erbaten sich die Hanswürste in Messgewändern
von dem Convente die Erlaubnis, vor dem hohen Rate
Frankreichs eine Carmagnole tanzen zu dürfen — und der
hohe Rat hielt es seiner Würde angemeßen, die Erlaubnis
zu erteilen — ja! eine Anzal der würdigen Repräsentanten
Frankreichs verließen ihre Sitze, mischten sich in den Rei-
gen und tanzten mit den Lumpenkerlen und den Huren,
die in den Messgewändern stacken, selbst die Carmagnole.
Und kaum war die Carmagnole zu Ende, so erschin eine
Deputation der Municipalität; an ihrer Spitze der Freund
des Anacharsis Cloots, Herr Anaxagoras Jean Pierre Chan-
TM Hauptwörter (50): [T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T8: [König Paris Regierung Minister Parlament Volk Frankreich Kammer Mitglied Verfassung], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau]]
TM Hauptwörter (200): [T73: [König Paris Parlament Partei Frankreich Volk Regierung Nationalversammlung Republik Robespierre], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T98: [König Jahr Mitglied Verfassung Regierung Republik Präsident Kammer Gewalt Staat]]
Extrahierte Personennamen: Danton Cloots
Extrahierte Ortsnamen: Hanswurstweife Paris Knittelversen_Narrenreden Frankreich Frankreichs Frankreichs
217
in den Convent gewollt worden war, und welchen unter-
dessen Buonaparte im Avancement übersprungen hatte, Au-
bry, erhielt im Wolfartsausschuße die Leitung der Kricgs-
angelegenheiten. Er war eifersüchtig auf Buonaparte, und
machte dessen rüksichtsloscs Versaren bei allen Gelegenhei-
ten geltend als einen Grund, ihn von seiner Stelle zu ent-
fernen. Buonaparte solté zu einer Infanteriebrigade in der
Vendée versezt werden. Er lente die neue Stelle ab; und
lebte nun als Privatman in Paris, wo er mit Sebastiani
und Junot, die beide seine Freunde und Artillerieofsicire
von der italienischen Armee waren, in einem kleinen Quar-
tire wonte, und bald so arm war, daß er seine Bücher
verkaufen und von deren Erlös leben muste. Glüklicher
Weise für ihn ward Aubry abgelöst, und durch Doulcet de
Pontecoulant ersezt; dieser gab Buonaparte Beschäftigung
beim topographischen Comité. Als aber Doulcet durch Le-
tourneur abgelöst ward, -waren fürs erste die Aussichten,
wider eine bedeutendere Stellung zu gewinnen, verschwun-
den. In diesen Verhältnissen lebte Buonaparte noch, als
ihn Barras aus seiner Verborgenheit wider hervorzog, und
ihm am 13ten Vendémiaire die entscheidende Rolle über-
trug.
Noch vor Auflösung des National-Conventes und
vor Antrit der Directorialregirung war Buonaparte zum
Divisi'onsgeneral ernant worden. Barras legte, als er Di-
rector ward, die von ihm bisher bekleidete Stelle eines Ge-
nerals des Inneren nider, und glaubte sie keinen beßeren
Händen anvertrauen zu können, als denen Buonapartes.
Kurz nachher heiratete Buonaparte Barras's Maitresse
Marie-Joseph-Rose de Lascher, verwitwete Beauharnais.
Wenn auch kein unbedeutender General die italienische
Armee erhalten konte, die einzige bei welcher zunächst Aus-
sichten auf schwere Kämpfe waren, so mag doch diese Ver-
bindung Barras entschiden haben, sie unter den fähigeren
Buonaparte zu geben. An der Spitze dieser Armee war
Kellermann auf Dumerbion, Scherer auf Kellermann ge-
folgt und Massen« hatte im December 1795 noch die Oest-
reicher und Sardinier bei Loan geschlagen. Demohnerachtet
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